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Myrtis

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MYRTIS, EIN ATHENER MÄDCHEN, WELCHES VOR 2500 JAHREN LEBTE,
SENDET EINE NACHDRÜCKLICHE BOTSCHAFT AN DIE WELT


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„Mein Name ist Myrtis. Eigentlich ist das nicht mein richtiger Name. Ich wurde von den Archäologen, welche 1994-1995 im Athener Stadtteil Kerameikos in einem Massengrab meine Knochen zusammen mit anderen 150 Skeletten entdeckten, „Myrtis“ genannt.

Ich sehe vielleicht wie ein Mädchen aus dem 21. Jahrhundert aus, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich ein elfjähriges Mädchen bin, welches im 5. Jahrhundert v. Chr. in Athen lebte und starb.

Wie kann eine junge Athenerin aus der Antike eine „Millennium-Freundin“ der Vereinten Nationen werden?

Die Wissenschaftler sind sich sicher, dass ich eines der Opfer der Seuche war, welche Athen im 5. Jahrhundert heimsuchte. Sie wissen auch, dass die Ursache für meinen Tod Typhus war, woran auch der antike Athener Staatsmann Perikles sowie geschätzte ein Drittel der Einwohner der Stadt starben. Die Wissenschaftler sind auch davon überzeugt, dass diese Seuche zur Zeit des Peloponnesischen Krieges zwischen Athen und Sparta zur Niederlage Athens beitrug.

Mein Schädel war in einer ungewöhnlich guten Verfassung, was Prof. Manolis J. Papagrigorakis, Professor für Kieferorthopädie der Athener Universität, anregte, mit Hilfe von wissenschaftlichen Spezialisten mit meiner Gesichtsrekonstruktion zu beginnen. Und hier bin ich. Sie können das Ergebnis ihrer Bemühung an meinem Foto sehen. Ich sehe beinahe genauso aus wie an dem Tag, als ich starb.

Prof. Manolis J. Papagrigorakis wollte, dass mein „Wiedererwachen“ der Welt nicht nur eine Gelegenheit bietet, das Gesicht eines Mädchens zu sehen, welches an der Akropolis spielte, während die Athener das Parthenon bauten, sondern auch, dass meine „Rückkehr“ eine nachdrückliche Botschaft an die Welt und ihre Regierenden sendet.

Mein Tod war unabwendbar. Zu meiner Zeit verfügten wir weder über das Wissen noch über die Mittel, tödliche Krankheiten zu bekämpfen. Dagegen haben Sie, die Menschen des 21. Jahrhunderts, keine Entschuldigung. Sie besitzen alle notwendigen Mittel und Ressourcen, um das Leben von Millionen Menschen, um das Leben von Millionen Kindern wie mich zu retten, welche an vermeidbaren und heilbaren Krankheiten sterben.

Ich hoffe, dass meine Botschaft 2500 Jahre nach meinem Tod mehr Menschen beeinflusst und anregt, an der Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele zu arbeiten. Hören Sie auf mich. Ich weiß, was ich sage. Vergessen Sie nicht, dass ich viel älter und somit auch viel weiser bin als Sie.“

Myrtis steht im Mittelpunkt der Ausstellung „Myrtis: Von Angesicht zu Angesicht mit der Vergangenheit“, welche begonnen hat, durch griechische und andere Städte der Welt zu touren.

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO muss man von jährlich weltweit 16 bis 33 Millionen Typhusfällen mit 500.000 bis 700.000 Todesfällen ausgehen. Jedes Jahr sterben beinahe 9 Millionen Kinder unter fünf Jahren an vermeidbaren und heilbaren Krankheiten.

Ilona Zemella